Nicht immer der Nase nach

02. Jun 2022Thomas Weidauer
Nicht immer der Nase nach

Wie unser Geruchssinn nicht nur für Wohlbefinden oder Ekel sorgt, sondern auch unser Essverhalten beeinflusst.


Jeder, der Kinder hat, weiß, dass Essen manchmal ein schwieriges Thema sein kann. Viele Süßigkeiten, wenig Gemüse…Eltern kennen das. Aber kaum jemand kann ein so leidvolles Lied davon singen wie Eltern, deren Kind ein Hemisphärenungleichgewicht zu Lasten der rechten Hemisphären (oder Gehirnhälfte) hat. Als wären ADHS-Symptome und Lernschwierigkeiten nicht schon genug, so ist das Essverhalten betroffener Kinder gelinde gesagt „etepetete“.

Kinder verfügen im Allgemeinen nur selten über außergewöhnliche Gourmet-Ansprüche. Nudeln mit Ketchup, Pommes, Milchreis mit Zimt und Zucker. Die Liste ist meist nicht sehr lang und dazu noch wenig abwechslungsreich. Der Grund liegt nicht nur in unserer schnelllebigen Fast Food-Gesellschaft, sondern ist auch der natürlichen Entwicklung geschuldet. Der Geruchs- und Geschmackssinn muss sich bei Kindern erst noch entwickeln.

Der Geruchssinn (oder olfaktorische Sinn) gehört zu unseren 5 Grundsinnen. Doch er unterstützt nicht nur die Auswahl der Speisen, sondern ist laut Studien ebenso für die Fähigkeit, zu lernen, sich etwas zu merken und Kontakte zu knüpfen, enorm wichtig. Wir verfügen über ca. 450 unterschiedliche Arten von olfaktorische Rezeptoren, die es uns ermöglichen, eine Fülle von Gerüchen wahrzunehmen und zu unterscheiden. Einmal festgestellt, wird dieses sensorische (olfaktorische) Signal an das Gehirn gesendet.

Im Gehirn ist ein Bereich für den Geruchs- und Geschmackssinn verantwortlich, der auch die Verdauung und zielgerichtetes Verhalten steuert: der rechte, vordere Inselkortex (Inselrinde). Körperbewusstsein, nonverbale Kommunikation, Lernen, Gedächtnis und das Gefühl für Raum und Gleichgewicht laufen alle in diesem Bereich zusammen, was zeigt, dass ein schlechter Geruchssinn noch mehr beeinflusst als nur die Nahrungsauswahl.

Und es erklärt auch, warum Kinder mit einer schwächeren rechten Gehirnhälfte so komplizierte Esser sind. Denn ist ihr Geruchssinn in der rechten Hemisphäre unteraktiv oder unterentwickelt, bewerten diese Kinder den Geruch und Geschmack eines Nahrungsmittels nicht basierend auf seinem Geschmack, sondern nach dem Aussehen und dem Gefühl, das es in ihrem Mund erzeugt.

Eine Studie der Universität Tokio fand sogar heraus, dass die Geschwindigkeit, mit der das Gehirn einen Geruch verarbeitet, davon abhängt, ob er angenehm und unangenehm ist.

Was können Eltern tun?

Absehen von einer Stärkung der rechten Hirnhemisphäre und sensorischer Stimulation (Riechtraining) können Sie mit einigen „Tricks“ arbeiten, um das Essverhalten Ihres Kindes zu verbessern.

Beziehen Sie Ihr Kind ein. Lassen Sie es beim Zubereiten der Speisen helfen und nehmen Sie es schon zum Einkaufen mit.

Planen Sie. Routine hilft Kindern und die Mahlzeiten zu strukturieren, und nach Plan zuzubereiten und zu essen, sorgt für mehr Vorhersehbarkeit und damit Sicherheit.

Reines H2O. Kinder neigen dazu, ihren Bauch mit Getränken zu füllen, besonders, wenn diese süß sind. Bieten Sie statt Limonaden und Säften also nur Wasser zum Trinken an.

Analysieren Sie. Üben Sie Achtsamkeit beim Essen, indem Sie Ihr Kind animieren, sich mit der Nahrung auseinanderzusetzen. „Was kannst du über dieses Essen sagen? Welche Farben hat es? Wie duftet es? Welche Geschmäcker kannst du nennen?“

Werden Sie kreativ. Geben Sie dem Essen witzige Namen oder präsentieren Sie es auf lustige Weise. Keine Sorge, Sie müssen nicht aus jeder Gurke eine Skulptur schnitzen. Seien Sie einfach ein wenig kreativ oder bitten Sie Ihr Kind, sich mit witzigen Ideen einzubringen.

Und schließlich: Machen Sie die Nahrungsaufnahme nicht zum Zwang. Ihr Kind wird im Laufe der Zeit nur ein noch schlechteres Verhältnis zum Essen entwickeln und keine Freude mehr an Mahlzeiten entwickeln können.

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